Nur drei Häuser hat der Künstler Johannes Niemeyer (1889-1980) im Stil der Neuen Sachlichkeit entworfen, nur vier Jahre lang konnte die Familie von Iso Brante Schweide in einem dieser Villen in Zehlendorf wohnen. Die jüdische Familie Schweide, die sich das Haus von Niemeyer hatte entwerfen lassen, wurde 1933 aus Deutschland vertrieben. Niemeyer wechselte zum gleichen Zeitpunkt zum heimatlichen Stil der Nationalsozialisten. Das war noch Zukunft, als der argentinische Historiker und Journalist 1929 mit seiner Familie nach Berlin zog. Und auch der Perspektivwechsel Niemeyers (der nicht mit Oscar Niemeyer verwandt ist) erscheint angesichts der Villa Schweide überraschend. Denn die Umsetzung des südamerikanischen Lifestyles der Bauherren in die Ästhetik Niemeyers ließ nicht nur eines der wenigen modernen Einfamilienhäuser in Berlin, sondern zugleich auch ein besonderes entstehen.
Die große Terrasse im Obergeschoss ist der luxuriöse Ausdruck des Bedürfnisses der Familie, möglichst viel Zeit im Freien zu verbringen. Zum Teil lässt sie sich mit Vorhängen in ein Sommerschlafzimmer verwandeln, ein überdachter Bereich kann als Essenplatz genutzt werden, für Feste wurde sogar eine Eiswanne zum Kühlen der Getränke einbetoniert. Umlaufende Balkone unterstreichen die sommerliche Leichtigkeit der Villa und die filigranen grünen Stahlfenster im Wohnzimmer lassen sich zudem im Boden versenken. Nach einer längeren Zeit des Leerstands ließen die neuen Bewohner:innen die Villa Schweide kürzlich durch die Architekten Dirk Homann und Dietrich Becker mustergültig und denkmalgerecht sanieren. Dabei wurde auch das Farbkonzept Niemeyers freigelegt und wiederhergestellt: gebrochene Weiß- und helle Beigetöne, die sanft mit den Kiefern des Grundstückes harmonieren. (pk, 24.2.25)
Berlin-Zehlendorf, Villa Schweide, Architekt: Johannes Niemeyer, 1929/30 (Bild: Bodo Kubrak, Berliner Kulturdenkmal 09075791, CC BY-SA 4.0, 2016)